Ausbildung in Zeiten von Corona: Bewerberzahl sinkt, Anzahl der freien Stellen steigt
Nach der Zeit des Lockdowns in Deutschland gaben einige Experten düstere Prognosen für die Ausbildung im Handel und Handwerk ab: Die wirtschaftlichen Folgen in den Betrieben könnten in Zukunft die Zahl der Ausbildungsstellen verringern, bestehende Ausbildungsverträge gefährden oder Interessierte vom Handwerkerberuf abbringen. Bisher zeigt sich, nicht alles trifft zu. Zum einen beweist das Handwerk im Vergleich zu anderen Branchen seinen weitestgehend krisenfesten Charakter.
Zum anderen sinkt laut Robert Schweizog, Geschäftsführer für Bildung bei der IHK NRW, die Zahl der Bewerber schneller als die Zahl der freien Ausbildungsstellen. Junge Interessierte haben somit gute Chancen in Krisenzeiten eine sichere Arbeitsstelle zu bekommen. Nur scheinen sich im Vergleich zum Vorjahr weniger Interessierte zu finden. Handwerksbetriebe sollten diese Möglichkeit nutzen, um mit zukünftigen Fachkräften aus der Corona-Krise zu starten. Staatliche Hilfen dafür sind vorbereitet, jedoch leider nicht für jeden. Bevor wir darauf zu sprechen kommen, lohnt sich ein Blick auf die aktuelle Situation.
Außerdem blieben die meisten Betriebe aktiv und gaben vorsichtig positive Prognosen für die nächsten Jahre, falls es zu keiner zweiten Welle kommt.
Wie sieht die Situation für Auszubildende im Handwerk momentan aus?
Bisher gab es wenig Nachrichten der Handwerkskammern über schließende Betriebe und damit gekündigte Auszubildende. Außerdem blieben die meisten Betriebe aktiv und gaben vorsichtig positive Prognosen für die nächsten Jahre, falls es zu keiner zweiten Welle kommt. Das beruhigt zwar, dennoch ist es schwierig für Auszubildende den Überblick zu behalten. Seit April 2020 obliegt es den Berufsschulen weiterhin auf digitalen Unterricht oder eine stückweise Rückkehr zur Normalität zu setzen.
Somit ist die Lage für jedes Bundesland etwas anders. Regionale Corona-Ausbrüche mit erneut verschärften Maßnahmen tragen ebenfalls zur Unübersichtlichkeit bei. Zudem verschieben sich einige Zwischen- und Abschlussprüfungen nach hinten, was in manchen Fällen zu vertraglichen Problemen führen kann z. B. wenn der Ausbildungsvertrag vor der Prüfung enden sollte. Allerdings wurde sich darauf geeinigt, dass abgesagte Zwischenprüfungen keine weiteren Folgen für Lehrlinge haben. In den Betrieben sind Lehrlinge nur in Ausnahmefällen von Kurzarbeit und Arbeitsausfällen betroffen.
Wie ist die Lage bei den Betrieben?
– insbesondere, weil Informations- und Werbeveranstaltungen wie Messen oder Schulbesuche durch Hygienemaßnahmen wegfallen.
Nach einer Umfrage des ZDH vom April diesen Jahres, wollen mehr als die Hälfte der befragten Handwerksunternehmen entweder genauso viele Auszubildende einstellen oder sogar noch weitere. Lediglich ein Viertel der Firmen planen mit weniger angebotenen Stellen. Zwar ist es um die Auftrags- und Umsatzlage schlechter bestellt als im letzten Jahr, doch stechen einige Gewerke wie das Bauhandwerk als „krisensicher“ heraus. Das unterstreicht auch eine neue Umfrage des Instituts „forsa“ bei der zwei Drittel der befragten Handwerksbetriebe angaben, dass sie ihre Existenz in Zukunft gesichert sehen.
Zudem gibt es auch nach der Krise das Problem des Fachkräftemangels, was sich durch Corona noch verschärfen kann – insbesondere, weil Informations- und Werbeveranstaltungen wie Messen oder Schulbesuche durch Hygienemaßnahmen wegfallen. Doch trotzdem gibt es für Unternehmen eine Chance gut aus der Krise mit neu gewonnenen Auszubildenden zu kommen.
Finanzielle Hilfe durch das Programm „Ausbildungsplätze sichern“.
Die vorher ausgearbeiteten Eckpunkte der Bundesregierung für die Förderung von Ausbildungsbetrieben wurden nun beschlossen und können ab dem 1. August genutzt werden. In dem 500-Millionen-Euro-Paket geht es um Zuschüsse und Prämien für hilfsbedürftige Betriebe und Ausbildungseinrichtungen bei:
Erhalt oder Erhöhung ihres Ausbildungsniveaus,
Förderung von Ausbildungsvergütung bei Vermeidung von Kurzarbeit
und Übernahmeprämien bei Übernahme von Auszubildenden aus pandemiebedingt insolventen Betrieben.
Unter anderem erhalten Betriebe, die ihr Ausbildungsniveau zu den drei Jahren davor halten können, zum Beispiel 2.000 Euro für jeden neuen Vertrag. Lässt sich das Niveau erhöhen sogar 3.000 Euro pro Vertrag. Zu den Einrichtungen, die diese Hilfen in Anspruch nehmen können, zählen allerdings nur:
Kleine und mittlere Unternehmen (kurz: KMU), die durch Corona Auszubildende aus anderen KMU im Rahmen der Auftrags- oder Verbundausbildung für mindestens sechs Monate im eigenen Betrieb ausbilden und über die hierfür notwendige Ausbildungseignung verfügen.
Überbetriebliche Schulen sowie andere etablierte Ausbildungsdienstleister, die Auszubildende aus KMU im Rahmen der Auftrags- oder Verbundausbildung für mindestens sechs Monate ausbilden.
Attraktiv bleiben ist die Lösung für Arbeitgeber.
Um das Problem mit freien Lehrstellen, zukünftig fehlenden Fachkräften und momentan verunsicherten Auszubildenden in den Griff zu bekommen, kann es helfen Deinen Betrieb attraktiv zu gestalten. Ergeben sich beispielsweise bei Deinem Gewerk positive Prognosen aus der Krise zu kommen und diese zu verkraften, lohnt es sich das nach außen hin zu kommunizieren. Attraktiv werden Betriebe auch durch eine gute Unternehmenskultur. Werden Lehrlinge früh mit einbezogen und in das Team integriert, lässt sich eine hohe Ausbildungsqualität erreichen. Heben sich die Vergütungen zu anderen Unternehmen mit fairen Zahlungen ab, lassen sich ebenfalls Interessenten gewinnen. Darüber hinaus können weitere Maßnahmen helfen die Arbeitgeberattraktivität zu steigern: berufliche Perspektiven durch Weiterbildungen und Übernahmen sowie Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge wie z. B. präventive Übungskurse gegen körperliche Probleme.
Das alles kann dazu beitragen, dass junge Menschen sich wieder zunehmend für handwerkliche Tätigkeiten interessieren und bestehende Mitarbeiter gehalten werden können, denn nichts ist effektiver als Menschen in unsicheren Zeiten eine sichere Perspektive aufzuzeigen.